Brandschutzklassen: Baustoffklassen nach DIN 4102 und Brandverhaltensklassen nach DIN EN 13501 (2024)

Baustoffe werden entsprechend ihres Brandverhaltens in Klassen eingeteilt. National erfolgt das in Deutschland nach DIN 4102-1 in Baustoffklassen, europäisch seit 2001 nach einem Klassifizierungssystem der DIN EN 13501-1 in Brandverhaltensklassen. Der Beitrag gibt einen Überblick über die Grundlagen.

Hinweis: Umgangssprachliche Bezeichnung „Brandschutzklassen“

Die Bezeichnung „Brandschutzklassen“ für entweder Baustoffklassen nach DIN 4102 oder Brandverhaltensklassen nach DIN EN 13501 wird (genauso, wie der Begriff „Euroklassen“ für Brandverhaltensklassen) zwar mitunter genutzt und ist auch häufig so zu lesen, ist jedoch baurechtlich gesehen nicht korrekt. Daher nutzt dieser Artikel die korrekten Bezeichnungen Baustoffklassen und Brandverhaltensklassen.

Bei Baustoffen handelt es sich um Materialien, die zum Errichten von baulichen Anlagen genutzt werden, wie beispielsweise Gips, Ziegel, Beton, Bauholz, Kunststoffe oder Dämmstoffe.

Ältere Baustoffe sind dabei nach der deutschen Brandschutznorm DIN 4102-1 klassifiziert. Bei neu zugelassenen Baustoffen geschieht die Klassifizierung sowohl nach DIN 4102-1 als auch nach der europäischen Norm DIN EN 13501.

Vor allem die Bauordnungen der Bundesländer (Landesbauordnungen = LBO) sowie Sonderbauverordnungen und Richtlinien geben vor, welche Baustoffklassen/Brandverhaltensklassen in den jeweiligen Konstruktionen verwendet werden dürfen. Die Einteilung hat also entscheidenden Anteil an der Frage, ob Baustoffe für die einzelnen Teilbereiche von Bauvorhaben infrage kommen.

Brandschutzklassen: Baustoffklassen nach DIN 4102 und Brandverhaltensklassen nach DIN EN 13501 (1)

Anforderungen an das Brandverhalten nach Musterbauordnung

Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 MBO werden Baustoffe nach den Anforderungen an ihr Brandverhalten (bzw. ihre Baustoff­klasse) unterschieden in

1. nichtbrennbar,

2. schwerentflammbar,

3. normalentflammbar.

In den bauordnungsrechtlichen Vorschriften werden in der Regel nur noch nominelle Bezeichnungen verwendet. DIN-Klassifi­kationen finden sich hier nicht mehr, da wir uns in einer Übergangsphase von nationalen und europäischen Klassi­fizierungen befinden. Hierdurch wurde es erforderlich, zunächst neutrale Bezeichnungen zu verwenden und diesen dann nationale und europäische Klassifizierungen zu­zuordnen.

Unterscheidung: Baustoffklassen, Brandverhaltensklassen und Feuerwiderstandsklassen

Zu unterscheiden sind:

  • Baustoffklassen/Brandverhaltensklassen (umgangssprachlich auch „Brandschutzklassen“ genannt) klassifizieren Baustoffe nach ihrem Brandverhalten
  • Feuerwiderstandsklassen klassifizieren Bauteile, wie lange diese den Flammen standhalten (und zwar als tragende Bauteile, raumabschließende Bauteile oder mit Kombinationsanforderung tragend und raumabschließend)

Hinweis: Ein ähnlich klingender Begriff sind die sogenannten Brandklassen. Diese dienen der Klassifizierung brennender Stoffe für die Auswahl des geeigneten Löschmittels.

Baustoffe und Bauteile: Wo ist der Unterschied?

Hinsichtlich der Anforderungen wird im Bauordnungsrecht zwischen Baustoffen und Bauteilen unterschieden.

Bei Baustoffen handelt es sich um Werkstoffe, aus denen Bauwerke errichtet werden. Diese können in der Natur vorkommen, weiterverarbeitete natürliche oder künstlich erzeugte Materialien sein. Beispiele für Baustoffe sind Sand, Kies, Zement, Gips, Gipskarton, Ziegel, Glas, Kalksandstein, Beton, Mörtel, Bitumen, Baustahl, Bauholz, Holzwerkstoffe, Holzwolle, Kunststoffe oder Dämmstoffe.

Bauteile werden aus Baustoffen zusammengefügt. Es handelt sich hierbei um funktionelle Komponenten eines Bauwerks. Beispiele hierfür sind Wände, Decken, Stützen, Dächer, aber auch Türen, Fenster und Treppen.

Auf nationaler Ebene (in den LBOs, ihren ergänzenden Verordnungen, Vorschriften sowie in den nationalen DIN-Normen) werden die Begriffe „Bauteile“, „Sonderbauteile“ und „Bauarten“ verwendet. Auf europäischer Ebene spricht man von „Bauprodukten“: „Bauarten“ werden dort nicht behandelt, während „Bausätze“ den Bauprodukten zugeordnet sind.

Nationale Klassifizierung nach DIN 4102-1

Nach DIN 4102-1"Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen – Teil 1: Baustoffe; Begriffe, Anforderungen und Prüfungen" werden Baustoffe grob in die Klassen nichtbrennbar (A) und brennbar (B) eingeteilt.

Nichtbrennbare Baustoffe stellen selbst keine Brandlast dar. Allerdings können sich unter Hitzeeinwirkung ihren Zustand verändern (z.B. Volumen und Festigkeit). Brennbare Baustoffe stellen hingegen Brandlasten dar.

Baustoffe, die nach DIN 4102-1 klassifiziert wurden, müssen auf dem Baustoff, einem Beipackzettel oder der Verpackung entsprechend gekennzeichnet werden. Ausgenommen sind die in DIN 4102-4 aufgelisteten „geregelten“ Baustoffe der Klasse A1 und bestimmte Holzwerkstoffe.

Im Folgenden werden typische Eigenschaften bestimmter Baustoffklassen und die Zuordnung beispielhafter Baustoffe zu Baustoffklassen nach DIN 4102-4 aufgezeigt:

Baustoffe der Klasse A1 enthalten keine brennbaren Bestandteile und zeigen folglich auch keine Rauchentwicklung sowie kein brennendes Abtropfen (Zusatzanforderungen der DIN 4102-1). Beispiele sind Zement, (Stahl-)Beton, Glas, Ziegel, Mörtel, Sand und Mineralfasern ohne organische Zusätze)

Baustoffe der Klasse A2 dürfen aber gewisse Anteile brennbarer Bestandteile enthalten. Auch für diese Klasse gilt, dass die Baustoffe keine Rauchentwicklung und kein brennendes Abtropfen zeigen dürfen. Beispiele sind Gipsplatten GKF nach DIN 18180 mit geschlossener Oberfläche.

Baustoffe der Klasse B1 dürfen nach Entfernen der Zündquelle nicht selbstständig weiterbrennen. Beispiele sind Putze nach DIN 18850-1 und 18850-2.

Baustoffe der Klasse B2: Ihre Entzündbarkeit muss bei einer Kanten- oder Flächenbeflammung mit kleiner Flamme auf das in DIN 4102-1 vorgegebene Maß beschränkt bleiben. Beispiele sind: Rohre und Formstücke aus PVC-U, Holz und Holzwerkstoffe mit einer Rohdichte ≥ 400 kg/m 3 und dicker als 2 mm und Gipskarton-Verbundbauplatten.

Baustoffe der Klasse B3sind die Baustoffe, die keiner anderen Klasse zugeordnet werden können, Sie gelten als leicht entflammbar und dürfen in Gebäuden nur dann eingebaut werden, wenn sie mit anderen Baustoffen so verbunden werden, dass die entstehenden Verbundwerkstoffe nicht mehr leicht entflammbar sind (allerdings muss dann die Eigenschaft, „…dass sie in Verbindung mit anderen Baustoffen nicht mehr leichtentflammbar sind“, mit einem entsprechenden Verwendbarkeitsnachweis nachgewiesen werden). Beispiele sind Papier, Schaumkunststoffe und Stroh.
Hinweis: Diese Regelungen gelten auch bei bei Einfamilienhäusern, da auch hier die genannte Regelung gilt. Ein Nachweis wird durch den entsprechenden Verwendbarkeitsnachweis erbracht. Insbesondere ist dies bei „baubiologischen“ Dämmstoffen zu beachten (z. B. Schafwolle, Kork, Kokosfaser, Papier, Stroh).

Die Zuordnung der o. g. Baustoffklassen A1, A2, B1 und B2 zu den bauordnungsrechtlichen Klassen (nichtbrennbar, schwerentflammbar, normalentflammbar) erfolgt in den Verwaltungsvorschriften technische Baubestimmungen (VV TB), Anhang 4, der Bundesländer (siehe weiter unten).

Europäische Klassifizierung nach DIN EN 13501-1

Das seit 2001 mit der europäischen DIN EN 13501-1 bestehende Klassifizierungssystem für Baustoffe existiert parallel zu dem nationalen System der DIN 1402-1.

Die DIN EN 13501-1 kennt die Brandverhaltensklasse A bis F:

  • A: kein Beitrag zum Brand
  • B: sehr begrenzter Beitrag zum Brand
  • C: begrenzter Beitrag zum Brand
  • D: hinnehmbarer Beitrag zum Brand
  • E: hinnehmbares Brandverhalten
  • F: keine Leistung festgestellt (Verwendungsverbot gilt entsprechend der Erläuterungen für B3-Baustoffe nach DIN 4102)

Außerdem werden zusätzlich die Rauchentwicklung (Smoke: Klassen s1, s2 und s3) sowie das brennende Abtropfen/Abfallen (Droplets: Klassen d0, d1, d2) klassifiziert:

  • s1: geringe Rauchentwicklung
  • s2: mittlere Rauchentwicklung
  • s3: hohe Rauchentwicklung bzw. Rauchentwicklung nicht geprüft
  • d0: kein brennendes Abtropfen/Abfallen innerhalb von 600 Sekunden
  • d1: kein brennendes Abtropfen/Abfallen mit einer Nachbrennzeit länger als 10 Sekunden innerhalb von 600 Sekunden
  • d2: keine Leistung festgestellt

Außerdem gibt es die Ergänzung „...fl“ (floorings) als Brandverhaltensklasse für Bodenbeläge sowie „...L“ (linear Pipe Thermal Insulation Products) als Brandverhaltensklasse für Produkte zur Dämmung von linearen Rohren.

Auch hier erfolgt die Zuordnung der o. g. Brandverhaltensklassen zu den bauordnungsrechtlichen Klassen in den Verwaltungsvorschriften technische Baubestimmungen (VV TB), Anhang 4, der Bundesländer (siehe nächster Punkt).

Zuordnung der bauaufsichtlichen Begriffsbestimmungen in nationale und europäische Klassen

Die Klassifizierungen der Baustoffe nach DIN 4102 und DIN EN 13501 lassen sich nicht direkt gegenseitig zuordnen. Die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) enthält jedoch Zuordnungstabellen der bauaufsichtlichen Anforderungen (nichtbrennbar, schwer entflammbar, normalentflammbar) zu den nationalen und den europäischen Klassen.

In der nachfolgenden Tabelle ist eine Zuordnung der bauaufsichtlichen Begriffsbestimmungen zum Brandverhalten von Baustoffen zu den nationalen Klassen nach DIN 4102-1 und den europäischen Klassen nach DIN EN 13501-1 (einschließlich lineare Rohrdämmstoffe und Bodenbeläge) zusammengestellt. Basis hierzu ist der Anhang 4 der MVV TB, der die jeweiligen Zuordnungen enthält.

Hinweis: Die Zuordnungen der MVV TB sind mittlerweile sehr komplex geworden. Es gelten immer die Zuordnungen und Anforderungen der im jeweiligen Bundesland eingeführten VV TB. Zu beachten sind auch die Zusatzanforderungen in den Tabellen, z.B. in den Fußnoten.
Und: Die Zuordnungen ändern sich in gewissen Abständen und sind auch nicht in allen Bundesländern exakt identisch. Deswegen empfiehlt es sich die aktuell geltenden Zuordnungen über den Internetauftritte des betroffenen Bundeslandes abzurufen.

Brandschutzklassen: Baustoffklassen nach DIN 4102 und Brandverhaltensklassen nach DIN EN 13501 (2)

Hinweis: Die Tabelle ist sehr vereinfacht. Die vollständigen Zuordnungen finden sich in der VV TB, Anhang 4 des jeweiligen Bundeslandes unter Abschnitt 1. Die Zuordnung von Bauteilen und Sonderbauteilen finden sich in den weiteren Abschnitten, für technische Anlagen in VV TB, Anhang 14.

Quellen
  • DIN 4102-1:1998-05 „Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen- Teil1: Baustoffe; Begriffe, Anforderungen und Prüfungen“
  • DIN 4102-4:2016-05 „Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen - Teil 4: Zusammenstellung und Anwendung klassifizierter Baustoffe, Bauteile und Sonderbauteile“
  • DIN EN 13501-1:2019-05 „Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten - Teil 1: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten“
  • Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVVTB) 2023/1
  • Musterbauordnung - MBO, Fassung November 2002 (zuletzt geändert durch Beschluss der Bauministerkonferenz vom 23./24.11.2023)
  • Battran, Lutz: Einführung in den vorbeugenden Brandschutz. FeuerTrutz Network GmbH, Köln 2021
  • Battran, Lutz; Linhardt, Achim: Brandschutz Kompakt 2024/2025. RM Rudolf Müller Medien GmbH & Co. KG, Köln 2024
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